Zwei Liga-Vereine in einer einzigen Stadt versprechen meist ein hohes Maß an Rivalität und Spannung, besonders wenn sie im direkten Duell aufeinander treffen. Dies ist Hamburg natürlich nicht anders, und das erste Aufeinandertreffen der beiden Clubs war schon Wochen im Voraus das meist diskutierte Thema der Stadt. Dem konnte sich kaum jemand entziehen, auch für die Polizei war es eine Feuerprobe, denn niemand wusste mit wie viel Rivalität und Aggressivität sich die einzelnen Fangruppierungen begegnen würden. Es war am Ende deutlich entspannter als gemeinhin befürchtet, was allerdings auch an der schwachen Darbietung beider Mannschaften auf dem Platz gelegen haben mag.
Sankt Pauli ist Kult
Der Kiezverein hat es geschafft sich mit dem Image des ewigen Underdogs zu identifizieren. Er gilt für viele als eine der letzten Institutionen des „wahren“ Fußballs, in dem es nicht um Kommerz und Titel geht, sondern nur ums Spiel. Der Verein schafft dies wirklich glaubhaft zu leben und zu vermitteln, weshalb ihm auch über die Stadt- und sogar über Landesgrenzen hinweg sehr viele Sympathien entgegenschlagen.
Konsequent gegen Rechts
Ein weiteres Markenzeichen des Vereins ist seine klare politische Positionierung. Der Verein steht links. Er bekennt sich zu Immigration und multikulturellem Zusammenleben. So klar tut dies kein anderer Verein, hier haben viele Angst vor der eigenen Anhängerschaft, die in vielen Vereinen oft immer noch eher rechts angesiedelt ist. Der Stadtteil in dem der den Verein beheimatet ist, lebt diese Haltung ebenso vor. Somit ist die Haltung nur eine authentische Wiedergabe der direkten Umgebung.
Die Fanszene hat sich verändert
Zu Beginn waren es eher Arbeiter und Menschen mit einem geringen Bildungsniveau, die am Wochenende zum Millerntor gepilgert sind. Heute sind es auch viele Zuschauer mit Universitätsabschluss und Doktortitel, die die Spiele mitverfolgen. Es hat sich eine Art linke Boheme rund um den Verein entwickelt, die alles andere als arm und radikal ist. Der neue Fan des FC St. Pauli versteht sich als politischer Fußballfan, der gegen die Kultur der kommerzialisierten Show-Events der anderen Vereine kämpft. Er sieht sich als eine Art Robin Hood der Fan-Landschaft.
Für den Verein ein schwieriger Spagat
Dem Verein ist dies nicht nur bewusst, sondern auch recht. Denn Positionierung gehört zum Geschäft, hier kam es dann zu ersten schwierigen Entscheidungen, als das Stadion am Millerntor neu renoviert werden musste. Ein modernes Stadion hat heutzutage neben den Bierbuden und Stadionwurst-Verkaufsständen eben auch VIP- und Business Lounges. Dies war eine extrem schwierige Situation, die aber am Ende doch sehr glücklich vom Vorstand moderiert worden ist. Die Seele sah man am Ende deswegen nicht verkauft, so weit wollte es dann doch keiner übertreiben.